GrundbedürnisseSpannungsfeld der Nähe

Der Mensch muss sich zwischen den Bedürfnissen nach Zugehörigkeit (Integration) und Anerkennung (Individualität) entscheiden, heißt, für sich die richtige Entfernung zu anderen Menschen festlegen. Wie nah will die eine Person zu den anderen sein? Möchte das Selbst jegliche Distanz aufgeben und mit anderen zu einer Einheit verschmelzen? Oder braucht es eine bestimmte Entfernung, um von den anderen gesehen und als eigenständiger Mensch wahrgenommen zu werden? Was der eine Mensch als Einsamkeit empfinden wird, ist für den anderen Menschen glückliche Freiheit. Was manche als drängenden Gruppenzwang wahrnehmen, ist für Menschen mit einer anderen Persönlichkeitsstruktur das herrliche Gefühl der innigen Zugehörigkeit. Beide Grundbedürfnisse sind existenzieller Art. Es kommt darauf an, das richtige Maß oder den passenden Rhythmus zu finden, um beiden Persönlichkeitsanteilen gerecht zu werden. Während der Zugehörigkeitsanteil die Nähe sucht, braucht der Anerkennungsanteil die nötige Distanz, um sich selbst drehen und bewegen zu können, um von anderen wahr- und wichtiggenommen und bei Bedarf bedient zu werden. Schon in den ersten Monaten nach der Geburt ist es überlebenswichtig, als einzelnes Wesen herauszuragen und erkannt zu werden. Ein Säugling ist immer etwas ganz Besonderes. Das Bedürfnis nach Individualität sorgt für die Einzigartigkeit, indem es notfalls lautstark schreiend dafür sorgt, dass es von der Mutter an die Brust genommen wird.

Der Anerkennungsanteil ist Grund dafür, dass die Ruhe der anderen gestört wird. Im Normalfall gelingt es dem Säugling später dem sich lautstark in den Vordergrund spielenden Kind und noch später dem sich auffallend individuell verhaltenden Erwachsenen auf sich aufmerksam zu machen. Selbst wenn das Bedürfnis lange und sehr auffällig sein muss, irgendwann findet sich jemand, der den Hunger nach Anerkennung stillt. Dabei kann das Bedürfnis nach Integration eine Unterstützung sein, um die richtige Gruppe zu finden, die die richtige Rückmeldung gewährleistet und als Expertenmeinung anerkannt wird. Wie in der Dimension der Höhe (Durchsetzung/Sicherheit) gilt es, in der Dimension der Nähe das richtige Maß zu finden, um ein wertvoller Mensch der Gesellschaft zu werden. Das beschreibt den Konflikt zwischen der positiven Wertschätzung durch andere und dem Erhalt der Selbstachtung von Rogers. In der Bedürfnispyramide ist diese Dimension ab der dritten Ebene zu verordnen. In diesem Spannungsfeld werden das Leistungsmotiv und Kontaktmotiv mit einbezogen und ein deutliche Trennung des Verhaltens wird weiter erschwert.

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